In der heutigen Zeit sind wir oft mit der Frage nach dem Sinn des Reisens konfrontiert.Auf der anderen Seite übt Reisen eine besondere Faszination aus. Die Vorstellung Afrika und vor allem Tansania zu bereisen und auf Safari zu gehen - am besten im Hemingway Glamping Style - steht ganz oben auf der Liste der Sehnsuchtserlebnisse.
Wie Du Tansania so bereist, dass es Deine Erwartungen übertrifft sowie auch Deine Kinder begeistert und warum das gut, sinnvoll und wertvoll ist - für Dich, Deine Familie und die Welt - darum geht es hier.Denn mit meiner Familie - meinen zwei Söhnen Levi und Jari und meinem Mann Markus, bin ich vor Kurzem durch Tansania gereist und wir haben Familienerinnerungen geschaffen, die uns für immer verbinden. Wir haben über uns und die Welt Dinge gelernt, die uns weiterbringen werden. Die uns dabei unterstützen können, unser Umfeld positiv zu prägen. Die Welt zu verbessern.
Nach einem Nachtflug landen wir morgens in Arusha. Unser Guide Charmin wartet in der wärmenden Morgensonne vor dem Terminal, lehnt an dem Jeep, der uns in den Tarangire Nationalpark bringen wird und macht seinem Namen alle Ehre. Levi und Jari lieben seine direkte und lustige Art, in die er all seine Liebe für sein Land und die Menschen an sich schon in den ersten Momenten verpackt und verschenkt. Sofort fühlen wir uns angekommen: in Tansania.
Kleiner Exkurs: Gute Guides sind soviel mehr als bloß Fahrer und Tierspotter. Sie sind Türoffner, kulturelle Botschafter, Gastgeber, Storyteller. Gute Guides ermöglichen Dir ein unvergessliches Reiseerlebnis, schlechte Guides können Deine Traumreise in einen Alptraum verwandeln. In Tansania geht es nicht ohne Guides. Du würdest zu viel einfach nicht sehen oder wahrnehmen. Oder Dich in Gefahr bringen. Daher lege ich bei Unforgettable Journeys so viel Wert auf die Auswahl der Guides. Und deren Ausbildung. Und die schulische Bildung ihrer Kinder. Deswegen bezahlen wir unsere Guides auch überdurchschnittlich. Egal in welchem Land. Weil Reisen mehr ist, als Highlights zu sehen. Wir tragen Verantwortung, wenn wir reisen.
Ich bin die Strecke von Arusha in den Tarangire Park schon oft geflogen. Dieses Mal möchte ich, dass meine Kinder mehr vom Land sehen. Daher fahren wir mit Charmin durch die Ausläufer Arushas, vorbei an Feldern, Landschaft, kleinen Orten. Die Konkurrenz zwischen Landwirtschaft und Erhalt der Wildnis wird verständlich, wenn man sieht, dass die Flächen direkt aneinandergrenzen.
Wir halten an einer marktähnlichen Ansammlung von Geschäften und Ständen, kaufen Obst, lassen uns anschauen und in Verhandlungen über Kleinigkeiten verwickeln. Die Kids erstehen kunstvoll gestaltete „Fliegenklatschen“ - ein perlenumwickelter Stab aus dem vorn Pferdehaar herausragt.
Kurz nachdem wir die Grenze zum Nationalpark Tarangire erreicht haben, machen wir Pause und Charmin holt Boxen mit leckeren einfachen Kleinigkeiten aus seinem Jeep. Im Tarangire Park darf man nur innerhalb gekennzeichneter Parkflächen Rast machen, aussteigen und essen. Diese Parkflächen sind nicht besonders fancy, aber echt. Und wir teilen Sie mit anderen Reisenden und Einheimischen auf einem Wochenendausflug sowie Menschen, die im Park arbeiten. Autobahnrasthofatmosphäre im positivsten Sinne und vor genialer Kulisse. Also: raus aus der Komfortzone und rein ins Gespräch mit der tansanianischen Familie mit 4 Kindern, wovon 2 ungefähr im Alter meiner Jungs sind. Kinder verbinden. Immer. Überall. Warum geht das nur verloren, wenn wir älter werden. Und wie können wir das aufhalten, überlege ich, während wir gemeinsam zusammenpacken.
Schon auf der Weiterfahrt zum Camp bremst Charmin den Wagen vor überraschendem Gegenverkehr: einer riesigen Herde von Elefanten - zur Freude meiner Kids sind auch kleine Babyelefanten und mittelgroße Teenagerelefanten Teil der Familie. Wir fahren ein wenig rückwärts, schalten den Motor ab und beobachten. Die Elefanten tun es uns gleich und entscheiden dann, leicht abzubiegen und uns links liegen zu lassen.
Elefanten können, wenn Sie wollen, Jeeps umwerfen. Im Zweifel bleibt nur die Flucht und auch hier ist fraglich, wer gewänne. Aber warum sollten sie uns angreifen, solange wir sie nicht verärgern oder erschrecken. Schlagartig ist der Gedanke in unserem Bewusstsein: Wir sind hier nur Gast. Hier. Und auf der Welt. Denke ich weiter. Zerstören die Menschen deswegen so gerne Natur, um sich nicht ein - oder - unterordnen zu müssen? Was wäre, wenn wir Angst vor dem Anderen, dem Fremden durch Respekt, Offenheit und die Bereitschaft zu lernen ersetzen könnten?
An den kommenden Tagen zeigt Charmin uns seine Lieblingsplätze des Parks und wir sehen neben weiteren Herden von Elefanten Herden von Giraffen, Zebras und Büffeln. Auch unzählige Katzen: Löwen, wie sie unter Bäumen schlafen. Löwen, wie sie, zum Leidwesen meines Sohnes, der Zebras liebt, ein solches verspeisen. Leoparden, die auf Bäumen chillen. Der Tarangire Park ist Wildnis pur und: zeigt sich gerne in voller Pracht, ohne dadurch etwas an seiner Wildheit einzubüßen.
Abends sitzen wir in unserem Glamping Camp mit unendlichem Blick über die Steppe und lauschen den Geräusche dieser unfassbar lebendigen und diversen Wildnis, in die wir tagsüber eintauchen durften.
Charmin gesellt sich zu uns ans Feuer und erzählt von seiner Familie, seinen Kids. Und davon, dass er seinen Job liebt, obwohl er dadurch oft von seiner Familie getrennt ist. Weil er sein Land zeigen kann und etwas für den Erhalt seines Landes, seiner Natur und Kultur beiträgt und dabei ein gutes Einkommen hat.
Markus erzählt, dass es ihm mit seinem Job genauso geht, weil auch er jobbedingt viel unterwegs ist. Und auch mir geht es so. Ich hohle die nächste Runde Getränke für uns von der Bar. Der Abend wird lang.
Als wir von dem kleinen Airstrip gen nördliche Serengeti abheben, winken wir Charmin aus den Fenstern zu und haben Tränen in den Augen. Levi hat in ein paar Tagen Geburtstag und Charmin hat versprochen, sich spätestens dann zu melden.
Die neue Landschaft ist geprägt von dem mächtigen Grenzfluß zwischen Tansania und Kenia - dem Mara River. Schon aus unserem kleinen Safariflieger können wir Hippos im Fluss baden sehen und Krokodile in der Sonne warten. Auch einige Herden an Gnus, die um diese Zeit des Jahres ein riskantes und seit Generationen in Ihre Gene einprogrammiertes Unterfangen vollbringen: die Querung des Mara Rivers, um Wasser und das Gras auf der anderen Seite zu erreichen: das berühmte Crossing.
Wir sitzen mit Juma, unserem neuen Guide, im offenen Jeep und blicken auf die andere Seite des Mara Rivers. Es gibt in der Nähe unseres Camps 5 sogenannte Crossing Points. Wir stehen bei Point 2. Und die Frage ist, für welchen dieser Punkte sich die 200 Gnus entscheiden, die unruhig am anderen Ufer auf und ab laufen. Das anführende Gnu steigt die steile Böschung hinab bis zur Wasserkante, geht mit dem einem Vorderlauf ins Wasser, verharrt. Wir halten die Luft an. Plötzlich dreht es sich um, läuft die Böschung wieder hinauf und verschwindet in einer riesigen Staubwolke aufgewühlt durch die ihm folgenden Gnus richtig Point 3.
So geht das jetzt seit 3 Tagen. Seit drei Tagen sitzen wir täglich 6 Stunden und länger im Jeep. Und niemandem, auch nicht unserem jüngsten Familienmitglied Jari, ist langweilig. Ohne Handy. Ohne sonstige Ablenkung. Natur ist unberechenbar. Und dadurch alleine schon ein Abenteuer. Wir wissen mittlerweile, dass die Krokodile nie den Anführer, sondern immer zwischen dem 2. Und 9. Gnu zuschlagen. Wir wissen, dass etwa 1,5 Millionen Gnus sich auf dieser lebenslangen Wanderschaft befinden.
Und dass es in unmittelbarer Nähe zu unserem Camp zahlreiche Löwen, Geparden und sogar einige wenige Nashörner gibt. Die wir, wenn Juma meint, dass in den nächsten Momenten nicht mit dem Crossing zu rechen sei, stattdessen beobachten. Wir wissen auch, dass die Weite der Serengeti einfach berührend ist. Mächtig wie fragil.
Am Morgen des Tages 4 stehe ich als erstes auf, gehe verschlafen auf unsere Terrasse und bin schlagartig wach bei dem Anblick, der sich mir bietet: eine unendlich wirkende Herde von Gnus zieht in 30 Meter Entfernung von meine Kaffeetasse an mir vorbei. Ich sehe den Anführer gerade noch rechts im Bildrand verschwinden. Die komplette Landschaft vor mir besteht aus braunen Gnurücken. Leise versuche ich, meine schlafenden Jungs zu wecken, aber es ist nichts zu machen. Also stehe ich alleine und staune: nach einer halben Stunde kehrt Anführergnu zurück und ich sehe, wie die hinteren Gnus sich noch nach rechts fortbewegen, während die vorderen Gnus schon wieder auf dem Rückweg nach links unterwegs sind. In perfektem Linksverkehr. Es muss sich um Tausende wenn nicht Zehntausende von Tieren handeln, die nach bestandenem Crossing nun den perfekten Weg gen Süden suchen. Diese Ordnung und Geduld. Dieses Vertrauen? Oder einfach nur Instinkt? Ich bin völlig überwältigt. Und habe ein gutes Gefühl für den Rest des Tages.
Als wir dann wenige Stunden später unseren Lunch auf der Motorhaube des Jeeps einnehmen, um nicht unnötig Zeit durch das Abbauen von CHI CHI wie Tisch und Stühlen zu verlieren, sollte Bewegung in die noch auf den kenianischen Seite ausharrenden Gnus kommen, frage ich Juma, was aus seiner Sicht eigentlich diese Faszination des Tierebeobachten ausmacht. Er sagt, dass er sich eins fühlt mit der Natur und der Welt, wenn er Tiere beobachtet. Allein schon wenn er sie sucht. Weil er nur findet, wenn er versteht. Und weil man viel lernen kann von der Natur. Löwen essen nur, soviel wie sie brauchen. Sie legen keine Vorräte an. Deswegen sieht man auch Zebras und Gnus oft in unmittelbarer Nähe von Löwen grasen. Weil Löwen nicht immer eine Gefahr seien. Tiere produzieren keinen Müll, sagt er weiter. Alles, was die einen nicht brauchen, nutzt in irgendeiner Form einem anderen. Die einzigen, die Müll produzieren, seine die Menschen. Deswegen ist der auch so stolz, für ein wirklich nachhaltiges Camp zu arbeiten. Die sich in Ihrem Müllverhalten an der Natur orientieren und alles irgendwie weiter verwerten. Er sagt, dass die Tiere ihn auch daran erinnern, wie schnell Kinder groß und unabhängig werden und wie kurz und wichtig für sie die Phase zu Hause sei. Wir diskutieren, welche Erfindungen der Menschheit aus der Beobachtung von Natur und Tieren gelungen sind - ein Forschungsfeld, dass Bionik genannt wird.
Levi weiß, dass Leonardo da Vinci als Pionier der Bionik gilt. In seinem Manuskript „Über den Vogelflug“ verwendete er seine Erkenntnisse aus der Beobachtung von Vögeln und Fledermäusen für den Entwurf von Flugmaschinen. Für seine Konstruktion eines Hubschraubers diente die Beobachtung die Frucht des Schneckenklees als Vorlage.
Die Bionik liefert unter anderem spannenden und wichtigen Input in den Bereichen Oberflächendesign, Maschinenbau, Bauwesen und Architektur. Beispielsweise entwickelte der Schweizer Ingenieur Georges de Mestral den Klettverschluss auf Basis des Haftprinzip biegsamer Widerhaken. Der Jäger hatte sich die Idee von Kletten abgeschaut, die er nach Jagdausflügen immer wieder aus dem Fell seines Hundes entfernen musste. Auch die Haifischhaut hat Menschen inspiriert: Die Untersuchung der Hautschuppen von Haifischen ergab, dass die feinen Rillen der Haifischhaut die Reibung reduziert. Künstlich hergestellte Folien, die diese Struktur imitieren, dienen heute der Verkleidung von Flugzeugen. Außerdem nutzen Hochleistungssportler*innen entsprechende Schwimmanzügen.
Plötzlich gibt Juma uns ein Zeichen, still zu sein. Und da passiert es. Ein Gnu geht zum Wasser herunter, die anderen folgen, und ohne, dass wir verstehen warum, stürzt sich die Gruppe in die Fluten, einer nach dem anderen, ohne zu zögern. Nach ein paar Metern müssen sie schwimmen. Meine Augen sind auf Nummer 2-9 gerichtet. Nach einigen Sekunden verliert Nummer 5 leicht den Kurs, driftet nach links ab und verschwindet langsam unter der Wasseroberfläche. Es gibt kein blutiges Gemetzel. Zum Glück.
Wir sitzen noch lange schweigend da. Erst in der Dämmerung fahren wir zurück zum Camp. Am Sundowner Point mit Aussicht fragen wir uns, wo “unsere” Gnus wohl gerade sind.
Am nächsten Morgen stehen wir um 3:30 Uhr auf, um 4 steigen wir in Jumas Jeep. Es ist kalt und dunkel. Ich frage mich, ob es sinnvoll ist, was wir vorhaben in Anbetracht der Umstände: eine Ballonfahrt. Aufgrund der Thermik müssen wir um diese frühe Zeit starten. Die Fahrt zum Startplatz ist kurz. Wir sehen, wie die heiße Luft den Ballon langsam füllt. Die Sonne blinzelt am Horizont auf und wir legen uns in den umgekippten Korb. Einige von uns haben Angst, die anderen sind voller Vorfreude auf dieses Abenteuer. Das nervige Aufstehen ist vergessen.
Als der Ballon den Korb in dem wir liegen aufrichtet und wir zum perfekten Sonnenaufgang abheben, durchströmt eine unglaubliche Euphorie meinen Körper. Geräuschlos spotten wir aus einer völlig neuen Perspektive das Leben der Serengeti.
Mut ist nötig, um sich hierauf einzulassen. Mut ist generell zum Reisen nötig, weil Reisen daraus besteht, sich auf das Fremde wirklich einzulassen. Fremden zu vertrauen: den Guides, den Ballonkapitänen. Und weil man nicht weiß, was das Reisen mit einem macht, gehört auch der Mut zur Weiterentwicklung, zur Veränderung zum Reisen. Alles andere ist Urlaub.
Die letzten Tage genießen wir Sansibar: wir hängen an einem langen weißen Sandstrand unseren Gedanken nach, spielen Volleyball und Fussball und ich gehe seit langem zum ersten Mal wieder Kitesurfen. Einmal mieten wir ein Fischerboot, welches uns zu einem Schnorchelspot bringt und danach zu einem fantastischen Restaurant, welches auf dem Felsen einer Halbinsel thront, die bei Flut nur per Boot erreichbar ist.
An Levis Geburtstag ruft Charmin an und wir sehen ihn inmitten seiner Kids.
Diese Reise ist so voller Erlebnisse, die berühren und euphorisieren. So voller Schönheit, voller Inspiration. Den Gedanken, dass wir Gast sind auf dieser Welt nehmen wir mit. Und tolle Ideen, wie wir uns künftig noch mehr entsprechend verhalten können. Und was wir tun können, um unser Umfeld damit anzustecken. Diese Reise kann viel bewegen. Und wenn sie nur bewegt, dass wir unseren Beitrag leisten, dass die kommende Generation sich als Teil der Welt und nicht als ihr Beherrscher versteht und sich entsprechend verhält, ist schon viel erreicht.
Tansania - das assoziieren wir mit Urspung, Wildnis, Weite - mit Herkunft und Freiheit. Mit der Möglichkeit, etwas mehr von diesen “WARUMs“ zu verstehen. Eine Fragen die heute so aktuell ist wie nie. Tansania emotionalisiert, schüttelt durch, inspiriert, macht wach und wiegt in einen zufriedenen Schlaf. Tansania ist Sinnbild einer guten Mutter. Also: Treat her kind.